BASA

114 J . Reiter Argument legitimiert sich nicht zuletzt durch die Art und Weise, wie es hinsichtlich der in ihm beschlossenen und relevanten Gründe der Argumentation seine reflexive Aufarbeitung und damit auch seine eigene Kritik provoziert. Diese hier bewu~t noch etwas unbestimmt hingesetzte These spezifiziert sich hinsichtlich des anselmianischen Arguments in eigenartiger Form. Es kommt mir in diesem Zusammenhang nicht auf eine Erürterung der Ablehnung oder Zustimmung an, wie sie im Gang der Geschichte des europaischen Denkens 1 in den Vordergrund getreten oder mehr hintergründig wirksam geblieben sind: in der Kritik etwa von Gaunilo und Thomas von Aquin bis zu Kant und ihm verpflichteten Denkern sowie in der Wertschatzung und z.T. modifizierenden Weiterführung etwa durch Duns Scotus, Bonaventura, Albert über Descartes, Spinoza, Malebranche, Leibniz und Hegel bis zu Joseph Moreau, 2 einem der scharfsinnigsten Verteidiger des Arguments in unseren Tagen. Vielmehr gilt es, in der denkerischen Qualitat dieses Argumentes seine in der sprachlichen Artikulation des spekulativen Vollzugs mitschwingende intentio obliqua freizulegen, d.h. das aufzuzeigen, was - ohne ausdrücklich angezielt oder thematisiert zu werden - doch stets mit-gesetzt und mit-gedacht ist, ohne dabei freilich die intentio directa dieses Gottesbeweises zu verdrangen oder gar zu vergessen und zu leugnen . Wir nehmen also das Argument in seiner historisch profilierten Konkretheit ernst und basieren im Fortgang der zu entwickelnden Gedanken auf einem philosophiegeschichtlichen Faktum, dessen mannigfaltiges Geflecht allerdings nur in einigen wenigen Richtungen angedeutet werden kann. Auf der anderen Seite versuchen wir eine blo~ historische Analyse zu übersteigen: dies aber nicht gegen die faktisch gegebene Struktur des Arguments und seiner geschichtlich gewachsenen 1 Stellvertretend für die umfangreiche Literatur sei nur auf zwei Autoren verwiesen, die das Schicksal des anselmianischen Arguments über weitere Zeitraume hin verfolgen: F. BoRELLI, L'argomento ontologico dei grandi pensatori, Neapel 1953 ; D. H ENRICH, Der ontologische Gottesbeweis. Sein Problem und seine Geschichte in der Neuzeit, Tübingen 2. Aufl. 1969. 2 J. MOREAU, Pour ou contre l'insensé? Essai sur la preuve anselmienne, Paris 1967.

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