BASA
124 J. Reiter Sinne gegenselt1g, da~ zwei einander entgegengesetzte Dimensionen den Mange! ihres Gegensatzes durch die doppelseitige Ermachtigung aufheben wollen. Wir dürfen also Glauben und Wissen nicht so ansetzen, ais ob sie in erster Ordnung einander entgegengesetzt waren und erst in zweiter Ordnung den Mangel dieser Unter– schiedenheit überstiegen. Vielmehr bleibt die im ersten Teil unserer Ausführungen bedachte Vieldeutigkeit gegenseitiger Implikation schon von vornherein überholt in einer Einheit, in der sich endliches Wissen - gerade weil es endlich ist - absolut qualifiziert und absolutes Wissen - weil es absolut ist - sich in seinem Erscheinen endlich gibt. Wird von hier aus das anselmianische Argument in einer forcierten Weise vereinseitigt, bleibt nur noch ein kleiner Schritt zu Hegel: « Ist aber der Geist einmal da, so bedarf es keines au~eren W unders mehr, um seine Absolutheit zu beglaubigen: er reicht dazu selber aus . Seine eigene Totalitat, in der er sich stufenweise umfa~t, ist das eingeholte und bewiesene id quo maius cogitari non potest ». 16 3) Aber diese Einseitigkeit, in der sich die intentio obliqua artikulieren kèinnte und geschichtlich auch profiliert hat, gilt nicht für Anselm. Denn wenn für ihn das geglaubte esse aliquid sich auch in der Form der Gegenstandlichkeit sprachlich strukturiert, so handelt es sich dabei doch nicht um eine substantielle Gegenstandlichkeit, die nachtraglich in die Subjektivitat des Wissens aufzuarbeiten ware, und zwar deshalb nicht, weil sie als geglaubte das personale Offenbarwerden absoluter Freiheit affirmiert. 17 Dieses Vorweg der absoluten Freiheit ist zwar auf die Seite des endlichen Wissens getreten, so da~ das cogitare das Absolute als Absolutes erreicht. Aber das hei~t für Anselm, da~ das Absolute aus freiem Entschlu~, nicht aufgrund der Notwendigkeit seiner substantiell 16 H. Urs v. BALTHASAR, Herrlichkeit III/l, Einsiedeln 1965, 917. 17 Vgl. A. SCHURR, Die Begründung der Philosophie durch Anselm von Canter– bury, Stuttgart 1966, S. 123: Für Anselm konne das Absolute erscheinen in der « formalen Allgemeinheit ais notwendig zu denkender Ermoglichungs- und Rechtfertigungsgrund jeglichen Behauptens im weitesten Sinne genommen - oder darüber hinaus ais personale Wirklichkeit, wenn Anselm christlich-religiose Erfahrung vorliegt ». Der übergang sei für ANSELM freilich nicht fraglich: « Das aliquid quo nihil · maius cogitari possit ist ihm vor der Reflexion ein konkret-erfahrenes Gegenüber: der persona! verstandene Gott; er ist es deshalb auch am Ende: Et hoc es tu, domine deus noster » (Pros!., cap. III; I, 103).
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