BASA
Anselmianischen Argument 125 fixierten Abstraktheit, in den Horizont endlicher Reflexion eingetreten ist, wobei für Anselm mit dem freien Entschlu~ des Unendlichen zum Endlichen zugleich die Freiheit des Endlichen zum Unendlichen gesetzt ist: denn nur im Ausgang von einem frei angenommenen Glaubensverstandnis kann die Reflexion durch Einsicht in die intelligible Struktur des Geglaubten auch zur Sicherheit in der Form des Wissens gelangen. Folglich vermag das cogitare auch im überholen der Glaubens– vorgabe niemals Offenbarung ins reine Wissen hinein aufzuklaren. Das omnis homo debet credere 18 besteht weiter. Ebenso deutlich tritt aber hervor, da~ der Glaube als solcher, da er nicht mit gegenstandlicher Unmittelbarkeit identifiziert wird, sondern eine unendliche Vernünftigkeit enthüllt, im Vollzug dieser Vernünftigkeit auf eine Einsicht hin überstiegen wird, von der nunmehr gilt: si.. . nolim credere, non passim non intelligere. 19 Am Ende der Einsicht wird jedoch das credere in der Gestalt des Vertrauens wieder auftauchen, das sich in der Form des erstrebten videre vollendet. 20 Denn dieses sieht nur, insoweit es angeschaut ist (man denke hier an Nikolaus v. Kues). Doch die Verfolgung dieser Perspektive mü~te einer primat theologisch akzentuierten Erürterung vorbehalten werden. 4) Halten wir ais Ergebnis der bisherigen überlegungen fest: Es bleibt also einerseits der Intellekt ais Vollzug ganz bei sich selbst, 18 Monal., cap. 72; I, 84. 19 Prost., cap. 4; I, 104. ' 0 Dieses sich glaubig auf den unendlichen Partner verlassende, weil sich auf ihn einlassende « Vertrauen » hat mit rationalistischer überheblichkeit nichts zu tun, sondern bildet vielmehr ein A.quivalent für die von J. PIEPER (Scholasik. Gestalten und Probleme der mittelalterlichen Philosophie, München 1960, S. 75) so beklagte « Abwesenheit jenes Korrektivs », das « sich in der 'negativen' Theologie des Dionysius Areopagita bereithalte. Hier liegt die Erklarung für Anselms offenbar von keinem selbstkritischen Verdacht getrübtes, wie Gilson sagt, 'praktisch unbegrenztes Vertrauen' in die Kraft der Vernunft, sogar die Mysterien des christlichen Glaubens positiv aufzuhellen ». Was Piepers Bezugnahme auf eine beilaufige Formulierung bei E. Gilson betrifft, so dürfte sie nicht sehr weit tragen. Denn Gilson spezifiziert (vgl. L'esprit de la philosophie médiévale, Paris 1948, S. 29 f. und 5, Anm. 1) die Benennung « rationalisme chrétien» sehr wohl: denn der anselmianische « Rationalismus » sei von der « primauté de la foi sur la raison » nicht zu trennen: « car si la raison veut être pleinement raisonnable, si elle veut se satisfaire comme raison, la seule méthode sûre consiste pour elle à scruter la rationalité de la foi. En tant que telle, la foi se suffit, mais elle aspire à se transmuer en une intelligence de son propre contenu; elle ne dépend pas de l'évidence de la raison, mais, au contraire, c'est elle qui l'engendre» (op. cit., S. 29).
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NzY4MjI=