BASA

Anselm und das Naturrecht 191 der allgemeinste Grundsatz 'irgendwie vorhanden'; wie, in welcher Weise, als habitus, als Potenz o.a., darüber spricht sich Anselm nicht aus. Es genügt ihm darauf hinzuweisen, dass die menschliche rationale Natur die 'Quelle' oder man kann wohl auch sagen, der ontologische Ort für das allgemeinste Prinzip des Rechtes ist. Für diese allgemeine Kennzeichnung dessen, worin das allgemeinste Prinzip des Naturrechts und der Sittlichkeit gründet, konnte sich Anselm berufen auf die Etymologien Isidors, auf Boethius, Aristo– teles u.a. 10 . Auf irgend eine bestimmte Quelle weist Anselm selbst nicht ausdrücklich hin; falls er dies getan hatte, hatte er auch auf die verschiedene Bedeutung von 'Natur' eingehen müssen, welche sich bei den genannten Autoren findet. II DIE ERKENNTNIS DES NATURRECHTS Wie nun soll erkannt werden, was «die Natur (uns) lehrt »? Ist dies uns ohne weiteres 'gegeben', kë:innen wir es in einfacher Reflexion auf uns selbst unmittelbar erkennen oder bedarf es eines mühsamen Denkvorgangs? Anselm aussert sich in unmittelbarem Zusammenhang mit der oben behandelten Aussage nicht zu dieser Frage; sie kann deshalb nur in indirekter Weise eine Beantwortung finden. Anselm nennt des oftern als Grundakt der rationalen mesch– lichen Erkenntnis ein discernere: Denique rationali naturae non est aliud esse rationalem quam passe discernere iustum a non iusto, verum a non vero, bonum a non bono, magis bonum a minus bono 11 . In Cur Deus homo fügt Anselm noch hinzu, dass dieses discernere der rationalen Natur so wesentlich sei, dass sie ohne diesen Grundakt frustra facta esset rationalis 12 • Dieses Unterscheiden von gerecht und ungerecht, gut und bë:is usw. dürfte aber der Erkenntnis des schon mehr Inhaltlichen, was uns « die Natur lehrt », logisch noch 10 vgl. Apparat II in ALBERTI MAGNI Opera omnia, Ed. Colon. t. 28, p. 260 ff. 11 Monologion c. 68, p. 78, 21-23. 12 L. 2, c. 1, p. 97.

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