BASA
Bischof Walram v. Naumburg 265 Freiheit der Kirche von jeglicher staatlichen Kontrolle, die Negation des sakramentalen Charakters des Kéinigtums und die Herrschaft des Papsttums über die weltlichen Herrscher. Die Verwirklichung dieser Vorstellungen würde den neuen ordo begründen. Wie im Palle des Investiturstreites hie~ das als Zielsetzung die vollkommene der Gregorianer eine heftige Opposition, die einerseits aus Eigennutz geboren war, sich andererseits aber auch aus ehrlichen Verteidigern des alten ordo zusammensetzte. Obwohl bis auf den Tod verfeindet, hielten beide Parteien, die Gregorianer wie die Verteidiger des alteh ordo, die papstlichen wie die kaiserlichen Schriftsteller, an der klassichen Vorstellung fest, da~ Gott die Leitung der ecclesia zwischen den Bischéifen, seinen geistlichen, und den Kéinigen, seinen weltlichen Stellvertretern, aufgeteilt batte . Beide A.roter, das des rex und das des sacerdos, hatten geistlichen und weltlichen Charakter. Die klare Scheidung ihrer Aufgaben diesem Prinzip entsprechend lie~ sich jedoch nicht verwirklichen. Aufgrund ihrer realen Macht und ihrer geistlichen Verantwortung forderten die Kéinige das Recht der Kontrolle über die Bestellung und Amtsführung der sacerdotes. In gleicher Weise beanspruchten die Bischéife kraft ihrer geistlichen Autoritat und ihres weltlichen Besitzes und der daraus resultieren– den Verpflichtungen die Vorherrschaft über den rex auch in weltlichen Angelegenheiten. Die sich aus dieser Konfrontation ergebenden praktischen und theoretischen Schwierigkeiten traten im Streit zwischen Papsttum und Kaisertum offen zu Tage. Papstliche Schriftsteller versuchten diesem zu begegnen, indem sie differenzierten. Obwohl von Gott verliehen, ware die weltliche Gewalt nur indirekt durch das Amt des sacerdos den weltlichen Herrschern delegiert worden. Demzufolge waren sie auch der Auffassung, da~ jegliche christliche Herrschaft, obwohl zweiteilig, letztlich klerikaler Leitung unterworfen sein müsse. Diese Argumentation erschütterte zutiefst die kaiserliche Position. Sie stellte die Vorstellung vom geistlichen Charakter und den geistlichen Pflichten des kéiniglichen Amtes grundsatzlich in Frage, so wie es die salischen Kaiser verstanden hatten. Im verfassungsrechtlichen Geflecht des Reichskirchensystems bot diese Konzeption die Rechtfertigung für den bestimmenden Eingriff der weltlichen Macht in nahezu alle kirchlichen Belange mit Ausnahme der rein sakramentalen. Denn dieser Vorstellung zufolge verwaltete
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