BASA
270 W. Friihlich Wendungen sowie die Grundanschauung des Briefes an den Grafen Ludwig von Thüringen und des Liber decken sich weitgehend. 20 Dieses Eintreten Walrams für den alten ordo und damit für den Kaiser machte ihm Anselm in dessen erstem Antwortschreiben aus den Jahren 1103/04 zum Vorwurf. Woher der Erzbischof von Canterbury seine Kenntnisse hinsichtlich der Parteiganger für Papst und Kaiser im Reich hatte, ist nicht bekannt. Anselms Vorwurf la~t jedoch einen Rückschlu~ über Walrams Stellung im Reich und am Hofe Heinrichs IV. zu. In der Adresse seines Briefes schrieb Anselm, da~ er einem Gelehrten nur kurz schreibe und fuhr dann fort: «Wenn ich sicher ware, da~ Eure Klugheit nicht dem Nachfolger Julius Caesars und Neros und Julians des Abtrünnigen günstig und dem Nachfolger und Stellvertreter des Apostels Petrus ungünstig ware, so würde ich Euch herzlich gerne als einen befreundeten und verehrungswürdigen Bischof begrü~en ». 21 Hieraus ist zu folgern, da~ Walram damals als ein ausgesprochener Anhanger Kaiser Heinrichs IV. galt, den Anselm durch die Nennung von dessen Vorgangern Caesar, Nero und Julian als den bereits erschienenen Antichristen kennzeichnete. 22 Aus diesem Grunde ist es verstandlich, warum der Erzbischof von Canterbury einem Freunde und Anhanger dieses Heinrich IV. den brüderlichen Gru~ verweigerte, so sehr er Walram auch wegen dessen Gelehrsamkeit achten mochte . Binnen weniger Jahre jedoch anderte sich das Verhaltnis grundlegend. Gegen Ende des zweiten, uns allein erhaltenen Walram– Briefes zeigte der Bischof von Naumburg Anselm seine Parteianderung an. Die Zurechtweisung Anselms aufnehmend schrieb er an diesen: « Es preist Gott in mir die catholica ecclesia, da in meiner Bekehrung die Gnade der gottlichen Güte sichtbar ist. Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin; aus einem Saulus wurde ich zu Paulus, aus einem Feinde der romischen Kirche wurde ich ein treuer und , 20 P. EWALD, Walram von Naumburg, hier besonders S. 26-34, 45-81. 21 AEp 415 = AOO Il, S. 223: « Scienti breviter loquor. Si certus essem prudentiam vestram non favere successori Julii Caesaris et Neronis et Juliani Apostate contra successorem et vicarium Petri apostoli, libentissime vos ut amicissimum et reverendum episcopum salutarem ». 22 Vergleiche hierzu R. KONRAD, Kaiser Nero in der V orstellung des Mittelalters, in: 'Festiva Lanx', Studien zum mittelalterlichen Geistesleben. Johannes Spiirl dargebracht aus Anla~ seines 60. Geburtstags, hrsg. K. Schnith, München 1966, S. 1-15.
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